Im Plastikmüll der Weltmeere ist auch der hormonell wirksame Weichmacher Bisphenol A enthalten. Dieser wird an die Umwelt abgegeben. Aber natürlich interessiert Plasticontrol die Thematik nicht nur aufgrund der Beeinträchtigung der Gewässer. Bisphenol A ist kann auch im alltäglichen Gebrauch kritische Auswirkungen haben.

Bisphenol A ist ein Grundstoff zur Herstellung des Kunststoffes Polycarbonat. Er ist in vielen Gegenständen aus Plastik enthalten, wie zum Beispiel Plastikgeschirr oder Babyschnullern.

Mit einer weltweiten Jahresproduktion von 3,8 Millionen Tonnen ist Bisphenol A eines der Schwergewichte im Chemie-Geschäft, mit hohen Wachstumsraten. Innerhalb Deutschlands werden jährlich ca. 410.000 Tonnen vermarktet. Daher gibt es starke Lobbys, die grundsätzlich auf allen Ebenen gegen ein Verbot von Bisphenol A arbeiten. Der Stoff steht allerdings im Verdacht, die Fortpflanzung zu stören und wird unter anderem mit Herzkrankheiten, Übergewicht und Krebs in Verbindung gebracht. Die Industrie erklärt aber, bei Konzentrationen, wie sie in der Umwelt und in Lebensmitteln vorkommen, seien keine solchen Effekte bewiesen.

Bisphenol A kann sich aus Plastik lösen und vom Menschen aufgenommen werden. Es wird regelmäßig bei einem überwiegenden Anteil der Bevölkerung in der Industrienationen nachgewiesen. Eine im Jahr 2009 durchgeführte Studie der Harvard Universität kam sogar zu dem Ergebnis, dass Menschen, die nur für eine Woche lang aus Polycarbonat-Flaschen tranken, plötzlich einen Anstieg des Bisphenol A-Gehalts in ihrem Urin von über 65 Prozent aufwiesen. Diese Studie, die in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives veröffentlicht wurde, bewies, dass das BPA aus der Verpackung ziemlich schnell in die Nahrung und die Getränke eindringen kann. Die kanadische Gesundheitsbehörde Health Canada hat gängige Limonaden, Cola’s und Energiedrinks analysieren lassen und stellte fest, dass mindestens 84% der Getränke in Dosen mit der im Körper Östrogen imitierenden Chemikalie Bisphenol A belastet sind. In 69 von 72 Getränkedosen wurde der Nachweis erbracht.

Bisphenol A wird in verschiedenen Studien eine Beeinträchtigung der Gesundheit nachgewiesen. Der Stoff ist hormonell wirksam und insbesondere in der Auswirkung auf die Gesundheit von Kindern äußerst kritisch anzusehen. Bisphenol A gehört zu den hormonellen Schadstoffen, die bereits in winzigen Mengen in unseren Hormonhaushalt eingreifen können.

Seit dem 1. Juni 2011 ist EU-weit der Einsatz von Bisphenol A in Babyfläschchen verboten. Frankreich verbietet Bisphenol A ab 2015 in allen Lebensmittelverpackungen. Auch andere Länder haben Verbote ausgesprochen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) legte den Wert für die tolerierbare tägliche Aufnahmemenge im Sommer 2007 auf 0,05 mg je Kilogramm Körpergewicht fest. Im Jahr 2014 revidierte die EFSA diese Einschätzung nach Auswertung von 450 Studien. Nun beträgt der nicht bindende Richtwert 0,005 mg je Kilogramm. Die EFSA gelangte jedoch insgesamt zu dem Schluss, dass BPA ein geringes Gesundheitsrisiko für Verbraucher darstellt, da die Exposition gegenüber dem chemischen Stoff weit unter dem vorläufigen TDI-Wert liegt. Im Jahr 2014 finden weitere Konsultationen auf EU Ebene statt, die auch die Bundesregierung abwartet. Warum hat sich die Politik der EFSA mit Sitz in Parma geändert? Früher beharrte die Efsa darauf, sich vor allem auf teure Studien mit vielen Versuchstieren zu stützen, die den anspruchsvollen Standards der “Guten Laborpraxis (GLP)” entsprachen. Daher gingen vor allem Industrie-finanzierte Studien in die Bewertung ein. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass auch kleinere, gut geplante Studien unabhängiger Forscher interessante Ergebnisse beitragen können. Jedenfalls halten die Efsa-Experten es nun doch für wahrscheinlich, dass BPA Effekte auf die weibliche Brustdrüse hat, auch Leber und Nieren könnten Schaden nehmen.

Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) in Berlin vollzieht diesen Schwenk offenbar mit. Bislang hatte das BfR die Efsa-Linie stets verteidigt. Jetzt aber erklärt Detlef Wölfle von der Abteilung “Sicherheit von verbrauchernahen Produkten” des BfR: “Es ist zu begrüßen, dass die EFSA beschossen hat, den Unsicherheiten durch einen niedrigeren TDI Rechnung zu tragen”, sagt Wölfle.

Die neue Bewertung der Efsa muss auch zu Regulierungen führen. Dies sollte im europäischen Chemikalienrecht abgebildet werden. Ein Vorschlag aus Frankreich liegt diesbezüglich vor.

Wir warnen vor einer erneut drohenden Absenkung des akzeptablen BPA Wertes seitens der EFSA. Den die EU-Kommission muss dem Vorschlag der Behörde folgen, möchte aber noch Studien aus den USA im Rahmen des National Toxicology Program abwarten. Und im Rahmen des Transatlantischen Freihandelsabkommens könnten sich beide Seiten auf einen niedrigen Wert einigen.

PLASTICONTROL fordert ein Verbot von Bisphenol A sowie anderen schädlichen Bisphenolen. Insbesondere fordern wir das sofortige Verbot von Bisphenol A in Babyschnullern. Als Lösung auf dem Weg zu einem Verbot fordern wir die zwingende Einhaltung der EFSA Vorschläge aus 2014.